41/2024 | Schweigen, sprechen, führen: Die Verunsicherungen des Bundeswirtschaftsministers
41/2024 | Schweigen, sprechen, führen: Die Verunsicherungen des Bundeswirtschaftsministers
#Bild MIT ID 2866 NICHT GEFUNDEN#Ein guter Politiker spricht, wenn sein Wort erforderlich ist, schweigt, wenn er besser nichts sagt, und er führt, wenn er seine Gefolgsleute auf falschen Pfaden wandeln sieht. Der amtierende Bundeswirtschaftsminister hält es in allen drei Punkten anders. Zur Finanzierungskrise bei der Pflegeversicherung schweigt er – dröhnend. Wenn tatsächlich die Pflegeversicherung im Februar nächsten Jahres bankrott sein könnte, wenn in der Folge also tatsächlich der Beitragssatz in die Pflegeversicherung im nächsten Jahr (noch!) höher ausfallen wird, sollte man sich ein mahnendes Wort des Mannes am Schreibtisch von Ludwig Erhard wohl erhoffen dürfen?! Denn alle Kosten im Kontext Soziale Sicherungssysteme schmerzen Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Habeck aber schweigt. Er schweigt aber auch beim „Rentenpaket II“, bei dem der nackte demographisch-politische Wahnsinn des Bundesministers-Kollegen Hubertus Heil auf einen zügig erschlaffenden Widerstand der FDP-Doppelspitze Lindner/Dürr stößt. Auch hier könnte Habeck einen starken Wortbeitrag leisten, droht doch eine Explosion der Lohnzusatzkosten und ein vorberechneter Kollaps mehrerer sozialer Sicherungssysteme. Er weiß nicht, wofür er als Bundeswirtschaftsminister angestellt ist: 50 Prozent Abgabenquote geht nicht.
An anderer Stelle spricht er, wo er besser hätte schweigen sollen: Die von ihm vorgeschlagene Prämie zur Arbeitsmotivation von Langzeitarbeitslosen, in Höhe von immerhin einem Tausender (Haben oder nicht haben!) mag auf feinzisellierten Begründungen fußen. So soll mit solcher Prämie die sogenannte Transferentzugsrate gemindert werden, die in der Tat manchen Langzeitarbeitslosen von einer Arbeitsaufnahme abhalten dürfte, nachdem die Systeme seit Jahren absurd verstellt wurden. Aber ein Bundeswirtschaftsminister macht Politik durch Stimmungen und mit – positiven – Signalen. Und dieses Signal des Schriftstellers Habeck ist fatal, gar nicht so sehr gegenüber den Signal-Adressaten. Diese verstehen schon, dass ihnen noch eine Brücke errichtet werden soll, und sie werden das wohlwollend durchrechnen. Das Signal aber gegenüber denen in Arbeit ist: noch eine Ohrfeige, noch eine Verhöhnung derer, die auch ohne „Prämie“ tatsächlich arbeiten und die Verantwortung, Kosten und Risiken des Lebens Tag um Tag selber stemmen. So spaltet man eine Gesellschaft und sät Zwietracht. Man erinnere sich, entnommen aus der Lebenswelt von z. B. Habeck, an den Asterix-Band „Streit um Asterix“, in dem ein gewisser Destructivus im Dienste Caesars im Gallischen Dorf auftaucht, um Zwietracht zu schaffen. In der deutschen Ausgabe spricht Destructivus durchgehend in gallig-grünen Sprechblasen, gewiss ein farblicher Zufall.
Bei der Entwaldungsrichtlinie dagegen liegt Habeck in Person zwar ganz richtig, indem er festhält, hier und bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung oder auch bei den Lieferkettengesetzen sei man „bei guter Intention völlig falsch abgebogen“, zumal Deutschland bei der Wettbewerbsfähigkeit unter Druck stehe. Aber er hat seine Partei nicht im Griff, verkündet die MdEP Cavazzini doch, zu einer der Kommission angedeuteten Verschiebung, eine solche sei „ein Trauerspiel“. Und auch andere Grüne laufen Sturm dagegen, dass am superteuren „Green Deal“ „gesägt“ werde. Die jüngsten Regularien aus Brüssel dürften in Deutschland nicht zu „zahnlosen Papiertigern zusammenschrumpfen“. Wer nun ist denn eigentlich der grüne Vizekanzler im wirtschaftsstärksten Mitgliedsland der EU, und warum hat dieser seine Parteifreunde in Brüssel nicht auf Linie? Ist er doch eher besser in TV-Formaten als in den mühevollen Ebenen von Gremiensitzungen? Wie auch immer, am Ende entsteht wenig echte Performance und ganz viel Verunsicherung. Beides ist definitiv nicht gut für den sichtbar leidenden Wirtschaftsstandort Deutschland.