Aktion zur Landtagswahl 2024
Familienunternehmer in Thüringen starten Aktion zur Landtagswahl
Mit einer Plakataktion auf dem Erfurter Domplatz haben wir Mitte August die heiße Phase unserer Impulskampagne "DIE THÜRINGER #WIRTSCHAFTSZUKUNFT" eingeläutet. Mit prägnanten Beispielen weist die Kampagne darauf hin, dass ein Sieg der wirtschaftsfeindlichen und auf Abgrenzung setzenden Kräfte Thüringen viele dringend benötigte Fachkräfte kosten würde. Über 200 Großflächen mit den aufmerksamkeitsstarken Motiven werden in den kommenden Tagen in ganz Thüringen zu sehen sein und dem Thema Fachkräfte eine hohe Sichtbarkeit verleihen.
Forderungskatalog zur Landtagswahl 2024
SPITZENSTANDORT THÜRINGEN – WIR ARBEITEN DARAN
Am 1. September 2024 wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Das Ziel der nächsten Landesregierung muss klar sein: Thüringen zum Spitzenstandort machen! Wir Familienunternehmer bilden vor Ort aus, forschen und produzieren. Hierzu braucht es ein klares Bekenntnis der Landesregierung zu mehr Standortattraktivität und Angebotspolitik für ein starkes Thüringen in Europa! Eine INSA-Umfrage1 von DIE FAMILIENUNTERNEHMER in Thüringen zeigt, dass sich für 50 Prozent der befragten Thüringer die wirtschaftliche Situation in den letzten vier Jahren verschlechtert hat, 73 Prozent wünschen sich Neuansiedlungen auch größerer Unternehmen und 44 Prozent können sich vorstellen in einem anderen Bundesland zu arbeiten oder tun dies bereits. Nur 41 Prozent sehen Thüringen als guten oder sehr guten Ort um eine junge Familie aufzubauen. Die nächste Landesregierung muss die Sorgen der Menschen in Thüringen ernst nehmen und deren Wünsche wirtschaftspolitisch umsetzen, damit das Land attraktiv für junge Familien, Unternehmen und qualifizierte Arbeitskräfte wird. Der Freistaat hat das Zeug zum Spitzenstandort. Aus Sicht von DIE FAMILIENUNTERNEHMER sind die dringendsten Politikfelder, die die neue Landesregierung angehen muss:
Bildungspolitik
Eine gute Ausbildung von Kindern und jungen Menschen ist für die Gesellschaft und Wirtschaft in Thüringen in mehrerlei Hinsicht von großer Bedeutung. Gut ausgebildete Absolventen der verschiedenen Schulformen sind das Fundament für Thüringens zukünftige Wirtschaftskraft. Diese Menschen können selber Unternehmen gründen oder sich dafür entscheiden, vor Ort Karriere als Angestellte zu machen. Ferner bleibt Thüringen nur dann für Familien eine attraktive Heimat, wenn die Ausbildung der Kinder stimmt. Die Familienunternehmer bilden aus und stehen zu Ihrer Verantwortung, selber etwas gegen den Fachkräftemangel zu unternehmen. Die grundsätzlich gute Schulqualität in Thüringen gerät in Gefahr, weil das Land eine überalterte Lehrerstruktur und einen wachsenden Unterrichtsausfall verzeichnet.
Lehrkräftelücke schließen
Thüringen fehlten 2023 ca. 2.000 Lehrkräfte. Pro Schule bedeutet dies ein personelles Defizit von 2,6 Lehrkräften. 2022 lag dieser Wert noch bei 2,1.
Unsere Forderungen:
- Thüringen braucht einen Strategiewechsel zur Lehrergewinnung, der auf einen Mix aus attraktiven Einstellungs- und Beschäftigungsbedingungen setzt.
- Junge Lehrkräfte suchen zu Beginn ihres Arbeitslebens immer häufiger ein hohes Maß an Flexibilität. Eine schnelle Verbeamtung ist für viele immer weniger erstrebenswert und löst darüber hinaus große finanzielle Verpflichtungen des Landes aus. Auch Quereinsteiger sind eher über flexible Zeit- und Lohnmodelle für den Lehrberuf zu gewinnen.
- Lehramtsanwärter erfahren oftmals erst kurz vor Beginn ihres Referendariats, ob sie ihre Ausbildung an einer thüringischen Schule abschließen können. In dieser bürokratisch vermeidbaren Phase der Ungewissheit verliert der Freistaat immer wieder junge Lehrkräfte an andere Bundesländer. Das ist ein künstlich geschaffener Wettbewerbsnachteil.
Schule muss sich an der Praxis orientieren
Bis September 2023 hatten Unternehmen im Freistaat rund 13.000 betriebliche Ausbildungsstellen gemeldet und da- mit noch einmal 400 mehr als im Vorjahr. Rund 1.600 blieben 2023 unbesetzt. Gleichzeitig blieben etwa 300 Jugend- liche ohne Ausbildungsplatz. Bewerber konzentrieren sich oftmals auf bekannte Berufe. Der Schulunterricht und die Berufsorientierung bieten zu wenige Bezüge zur Wirtschaft mit der gesamten Bandbreite möglicher Berufsfelder.
Unsere Forderungen:
- Der Austausch mit Praktikern muss frühzeitig in den Lehrplan integriert werden. Durch den Besuch von Unternehmen kann die Neugierde für spannende Ausbildungsberufe geweckt werden. Schulen müssen dafür aktiv auf Betriebe und Verbände zugehen und bestehende Programme ausbauen. Hierdurch könnte der strukturell-bedingte Lehrermangel und vorhersehbare Unterrichtsausfall zumindest teilweise kompensiert werden. Das thüringische Projekt der Praxistage in Unternehmen ist hierbei ein richtiger Schritt.
- Das Fach Wirtschaft sollte quantitativ und qualitativ aufgewertet werden. Es eignet sich gut für Fachlehrer, die als Quereinsteiger Erfahrungen aus der Praxis mitbringen. Vorhandene Lehrkräfte müssen über Fortbildungen besseren Zugang zu neusten Entwicklungen in der Wirtschaft haben.
- Wir Familienunternehmer kommen gerne in die Klassenzimmer und vermitteln breit gefächerte Wirtschaftsexpertise und Macher-Mentalität. Das Land braucht mehr Unternehmergeist und der Mut zum Risiko für Neugründungen und Unternehmensnachfolgen müssen durch spürbare Entlastungen stärker unterstützt werden!
Forschung in Thüringen stärken
Gute Grundlagenforschung und angewandte Forschung sind ein Innovationsmotor für Thüringen. Immer weniger Menschen entscheiden sich aber für ein Hochschulstudium in Thüringen. Die Anzahl der für die Bedarfe der Wirtschaft sehr gut ausgebildeten Absolventen der TU Illmenau sind in den letzten Jahren um ein Drittel zurückgegangen. Thüringer Hochschulen hatten im Jahr 2023 mehr als 1.000 Mitarbeiter weniger als noch 2022.
Unsere Forderungen:
- Der Freistaat muss die Attraktivität der Hochschulen für junge Forschende im Bereich der Juniorprofessuren und Postdocs steigern. Eine Karriere in Forschung und Lehre ist in anderen Bundesländern wesentlich besser zu planen.
- Thüringen hat als geographisch kleines Bundesland eine hohe Dichte an Hochschulen, die jeweils mit einer eigenen Verwaltung, Infrastruktur etc. ausgestattet sind. Angesichts des ebenfalls sehr breiten Angebots an Studiengängen bei stark abnehmenden Hochschulpersonal, muss eine Konzentration der Abschlüsse und Studienmöglichkeiten geprüft werden.
- Die Forschungszusammenarbeit von Unternehmen und Hochschulen funktioniert in Thüringen zum Teil sehr gut. Für die Unternehmen ist es leider von Nachteil, dass die Bearbeitungszeit bei Forschungsprojekten extrem bürokratisch ist und im nationalen sowie internationalen Vergleich deutlich länger ist. Dies muss sich ändern, wenn forschungsintensive Unternehmen im Land gehalten werden sollen.
- Insbesondere durch die bessere Einbeziehung von Drittmitteln muss die angewandte Forschung im MINT-Bereich gestärkt werden.
- Wie in allen Bereichen der Verwaltung, müssen auch im Hochschulbereich durch die Digitalisierung von Prozessen Einsparungen und Effizienzgewinne realisiert werden.
Besorgniserregend ist u.a. die Explosion der laufenden Kosten, wie die der Ausgaben für die fast 100.000 Angestellten des öffentlichen Dienstes, welche innerhalb eines Jahres um 76 Millionen Euro gestiegen sind und die in 2025 sogar 152 Millionen Euro Mehrkosten auslösen werden. 27 Prozent des Haushalts fließen in Personal, wobei zahlreiche Landeseinrichtungen wie die Hochschulen hier nicht eingerechnet sind. Insgesamt sind es um die 30 Prozent, was auch im Ländervergleich ein hoher Personalschlüssel ist. Bereits 2023 arbeitete jeder zehnte Thüringer Erwerbsfähige für das Land – Tendenz seit Jahren steigend. Lediglich Einmaleffekte, wie die nahezu vollständige Auflösung von Rücklagen, führen dazu, dass der Haushalt 2024 formal noch ausgeglichen ist.
Der Etat für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist ein Treiber der abzusehenden strukturellen haushalterischen Schieflage. Zusätzlich sind die Sozialausgaben der Thüringer Kommunen allein im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 100 Millionen auf über 1,3 Mrd. Euro gestiegen.
Unsere Forderungen
- Thüringen verfügt über zu viele Förderprogramme, über deren Existenz, Zweck und Mittelverwendung nur sehr wenige Menschen Bescheid wissen. Neben der grundsätzlichen Gefahr von Fehlentwicklungen aufgrund von Fehlanreizen kostet der Unterhalt des thüringischen Förderapparates sehr viel Geld. Die Programme müssen in Anzahl und Volumina deutlich verringert werden.
- Programme wie »Solidarisches Zusammenleben der Generationen« (17,6 Millionen Euro im Haushalt 2024) oder die seit 2022 von 6 auf nun 13 Millionen Euro angestiegenen »arbeitsmarktpolitischen Landesprogramme« liefern mit einem zu breiten Förder- Weiterbildungs- und Beratungskatalog wenig Mehrwert, der sich in Anstellungen im ersten Arbeitsmarkt objektiv messen lassen könnte.
- Co-finanziert von der EU, werden über das Programm für »sozialen Zusammenhalt« ESF Plus über 100 Millionen Euro umverteilt. Die zur Hälfte der Laufzeit bereits zugesagten über 2.200 Projekte sind ein Dickicht aus Steuergeldverschwendung. So flossen durch den ESF allein über 10 Millionen Euro an vier Anlaufstellen zur »Einrichtung und Betrieb von Beratungs- und Vernetzungsprojekten für Gründerinnen und Gründer«. Zwar ist der Wille, Gründer zu unterstützen, begrüßenswert. Jedoch ist eine Reduktion von Bürokratie in der Gründungsphase wesentlich hilfreicher und kostenschonender als über Beratung den existierenden bürokratischen Wildwuchs zu erklären.
- Grundsätzlich sollte Thüringen keine co-finanzierten Förderprogramme aufsetzen, deren Zuschüsse vom Bund oder aus Europa innerhalb von drei Jahren auslaufen. Diese Förderkulissen entfachen nur kleine Strohfeuer bei einigen wenigen Marktakteuren und belasten den thüringischen Haushalt aber lange über das Ende der Co-Finanzierung.
- Aufgrund fehlender politischer Mehrheiten bestand in Thüringen der Konsens in den letzten vier Jahren zu häufig darin, die Ausgaben zu steigern. Dieser Trend muss umgekehrt werden. Da Einigungen auf Kürzungen von Einzeletats politisch kaum machbar sind, sind globale Minderausgaben – also anteilig gleiche Einsparungen in allen Etats – ein geeignetes Instrument. Für 2024 sieht der Haushalt eine globale Minderausgabe von 156 Millionen Euro vor. Dies entspricht in etwa einem Prozent des Haushaltes und stellt eine viel zu geringe Sparanstrengung dar. Im Haushalt 2025 darf die globale Minderausgabe den Wert von 500 Millionen Euro nicht unterschreiten, damit Thüringen wieder zu einem strukturell ausgeglichenen Etat kommt.
Standortattraktivität steigern - Abgaben senken
Standortattraktivität entsteht durch ein Gesamtpaket an attraktiven Rahmenbedingungen für Unternehmen und Investoren. Die Belastung durch Abgaben und Steuern ist – neben anderen wichtigen Kriterien wie einer bürokratiearmen Verwaltung – ein ausschlaggebender Faktor, sich für Thüringen zu entscheiden und hier Produktionskapazitätenauszubauen oder z.B. eine Unternehmensnachfolge anzutreten.
Unsere Forderungen
- Die Senkung der Grunderwerbssteuer war ein erster wichtiger Schritt, vor allem für Fachkräfte und Familien, sich vor Ort eine Immobilie leisten zu können.
- Thüringen hat sich bei der Grundsteuer für das bürokratische und streitanfällige Bundesmodell entschieden. Damit die den Bürgern versprochene Aufkommensneutralität tatsächlich eintritt, muss die nächste Landeregierung dafür Sorge tragen, dass die Kommunen die dafür notwendigen Senkungen des Grundsteuerhebesatzes vornehmen.
- Die Gewerbesteuer liegt in vielen Thüringischen Kommunen über dem deutschen Durchschnitt, ohne das Angebot bzw. die Aufwendungen objektiv besser wären. Die Gewerbesteuer, die ausschließlich standorttreue Unternehmen trifft, muss gesenkt werden auch weil sie direkten Einfluss auf die Standortwahl hat.
- Thüringen muss aufgrund seiner kleinteiligen Wirtschaft die Innovationskraft mittelständischer Betriebe fördern, indem diesen durch geringe Abgaben und Steuern mehr Eigenkapital zur Verfügung steht. Völlig falsch wäre es, einigen ostdeutschen Nachbarländern nachzueifern und mit Milliardensubventionen einige wenige Großunternehmen anziehen zu wollen.
- Die öffentliche Vergabe ist in Thüringen durch unzählige fachfremde Erfordernisse und zum Beispiel durch den Nachweis eines Vergabemindestmindestlohnes für ortsansässige Mittelständler so unattraktiv geworden, dass sie an landeseigenen oder kommunalen Ausschreibungen nicht mehr teilnehmen. Möglichkeiten, diese Situation zu verbessern, gibt es viele. So empfiehlt der Normenkontrollrat den Wegfall von Belegpflichten beim vergabespezifischen Mindestlohn, die Anhebung der Wertgrenzen, bis zu deren Erreichen vereinfachte Verfahren durchgeführt werden dürfen, die Möglichkeit des Ersatzes von Erklärungen auf Formblättern durch Vertragsklauseln oder Eigenerklärungen und Vereinfachungen bei der digitalen Kommunikation. Der bürokratieentlastende Teil des Vergabegesetzes von 2023 für die öffentliche Beschaffung war ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Die Belastung durch überbordende Bürokratie, besonders für kleine und mittelständische Unternehmen, ist äußersthoch. Für Familienunternehmen ist die Bürokratie mittlerweile in regelmäßigen Befragungen das Investitionshemmnis Nummer eins. Thüringen ist in der Bearbeitungsdauer bei öffentlichen Dienstleistungen im Bundesvergleich an vielen Stellen Schlusslicht, was einen klaren Wettbewerbsnachteil darstellt. Der Bürokratieabbau muss mit deutlich mehr politischer Energie vorangetrieben werden und sollte aus der Staatskanzlei zentral angestoßen, gelenkt und überwacht werden.
Verantwortung übernehmen
Die Probleme durch bürokratische Abläufe sind in unterschiedlichen Branchen bei unterschiedlichen Unternehmensgrößen vielseitig ausgeprägt. Ob ein Hindernis seinen rechtlichen Ursprung auf EU-, Bundes-, Landes- oder Gemeindeebene hat, ist für das einzelne Unternehmen selten zu identifizieren und im Ergebnis auch irrelevant. Die Anhäufung vieler bürokratischer Erschwernisse sind ein Wachstumskiller, den alle Regionen und insbesondere Thüringen nicht länger hinnehmen können.
Unsere Forderungen
- Die Politik muss bei der Bekämpfung von Bürokratie endlich umdenken. Auskunftsersuchen bei Unternehmen nach den größten Hemmnissen führen nur sehr vereinzelt zu Verbesserungen. Stattdessen müssen Politik und Verwaltung alle unternehmensrelevanten Prozesse, die durch Gesetzgebung und Verwaltungsakte ausgelöst werden, auf Effizienz und Tauglichkeit überprüfen. Nicht zielführende, redundante oder auch zu zeitintensive Abläufe gehören abgeschafft. Informationserhebungen und Nachweise müssen auf ein absolut notwendiges Minimum beschränkt werden
- Beschleunigte Verwaltungsabläufe brauchen schlanke Rechtsgrundlagen. Sunset-Klauseln bewirken, dass Regulierungen zeitlich befristet sind und evaluiert werden. Nach Fristablauf müssen Regulierungen neu bewertet werden, ob diese weiter Bestand haben oder z.B. aufgrund veralteter technischer Vorgaben wegfallen. Wir schlagen hierfür eine Frist von in der Regel drei Jahren vor.
Unsere Forderungen:
- In der öffentlichen Verwaltung muss wieder ein Klima der Entscheidungsfreude und Eigenverantwortung inklusive einer positiven Fehlerkultur herrschen. Oftmals stehen die Kosten die eine Überprüfung eines Vorgangs auf Seiten der Verwaltung und des Unternehmens auslösen in keinerlei Verhältnis zu den Auswirkungen versehentlich gemachter fehlerhafter Angaben oder zu den nachzufordernden Beträgen. Hier müssen dringend Bagatellgrenzen eingezogen bzw. drastisch erhöht werden. Die deutsche und auch die thüringische Verwaltung ist durch einen selbstgeschaffenen Kontrollwahn völlig paralysiert.
- Viel zu selten sind mittlerweile Nachweise und Prüfverfahren durch Vertrauen in unternehmerisches Knowhow geprägt. Vielmehr wird jeder Vorgang vom möglichen Missbrauch hergedacht und reguliert.
- Ein wichtiger Ansatzpunkt für einen entsprechenden Wandel ist bereits die Ausbildung des Verwaltungspersonals. Statt sich ausschließlich auf Rechtssicherheit zu fokussieren, muss die erfolgreiche Nutzung von Ermessensspielräumen und die Ermöglichung rechtskonformer Lösungen verstärkt gelehrt und gelebt werden.
Verwaltung straffen
Zu komplizierte Genehmigungs- und Prüfverfahren erfordern in der öffentlichen Verwaltung sehr viel Zeit und bin- den zu viel Personal. Thüringen hat einen viel zu großen Verwaltungsapparat, der jährlich um mehr als 1.000 Stellen wächst. Gleichzeitig herrscht für neue Aufgaben auch in der Verwaltung Mangel an gut ausgebildeten Spezialisten. Allein die Digitalisierung einzelner öffentlicher Dienstleistungen wird bei beiden Fehlentwicklungen keine Abhilfe schaffen.
- Es braucht eine Verschlankung der Prozesse in der öffentlichen Verwaltung, bevor diese durch Digitalisierung auf den Stand gebracht werden, den die globalen Wettbewerber thüringischer Unternehmen an anderen Standorten auf der Welt immer häufiger als gegebenen Standard erfahren. Im selben Zuge muss die technisch unkomplizier- te Umsetzung der Datenschutzanforderungen durch die Behörden gewährleistet werden (z. B. durch die flexible Nutzung von Cloud-Diensten zur Dateneinreichung).
- Ziel einer Reorganisation muss eine Aufgabenbewältigung mit weniger Personal sein. Demografiebedingt gehen in den nächsten fünf Jahren ungefähr ein Drittel der öffentlichen Angestellten Thüringens in den Ruhestand. Diese Stellen dürfen in der Nettobetrachtung nicht nachbesetzt werden.
- Das relativ kleine Bundesland Thüringen weist viel Doppelstrukturen bei Agenturen und Behörden auf die landesweit überprüft und wo möglich zusammengefasst werden sollten.
- Laut Deutschland-Index der Digitalisierung können nur knapp 5 von 10 Behördendienstleistungen in Thüringen digital durchgeführt werden. Meist handelt es sich aber nur um teildigitalisierte Vorgänge. Beispielsweise ist die Bürokratie bei Bauvorhaben extrem hoch. Der digitale Bauantrag auf dem Weg zur digitalen Bauakte müsste längst Realität sein. Dass dies bereits problemlos in Thüringen möglich ist, zeigt das erfolgreiche Pilotprojekt des Landkreis Saalfeld-Rudolstadt.
- Viele Verwaltungsvorgänge geraten aufgrund nachrangiger Entscheidungen immer wieder ins Stocken. Dies kostet Geld und verhindert häufig die Realisation ganzer Investitionsprojekte in Thüringen. Abhilfe schafft hier die Einführung einer Verantwortungsfiktion oder einer Teilfiktion, bei der die zugesagte Nachreichung fehlender Angaben oder Dokumente zu Lasten des Antragstellers gehen. Ein für beide Seiten (Unternehmen und Verwaltung) kalkulierbares Risiko.
- Zusätzlich kann eine Genehmigungsfiktion bei einigen öffentlichen Dienstleitungen die Bearbeitung und Entscheidungsfindung auf Seiten der Verwaltung merklich beschleunigen bzw. zum Automatismus werden lassen. Je nach Vorgang gilt ein Antrag nach Ablauf einer festzulegenden Frist als genehmigt, wenn die Verwaltung den Vorgang nicht bearbeitet hat. Wichtig ist hierbei, dass Nachfragen der Behörden zu Bagatellen keine aufschiebende Wirkung haben.
- Nach dem Motto »jeder Schritt hilft«, muss die nächste Landesregierung, das digitale Notariat ermöglichen. Die Legalisierung der digitalen GmbH-Gründung im Jahr 2022 war ein erster hoffnungsvoller Schritt. In Zukunft muss die Möglichkeit, eine digitale Unterschrift zu leisten, sich digital zu identifizieren oder auch grenzüberschreitende notarielle Dienstleistungen zu nutzen, der Normalfall sein.
Die wichtigsten Exportländer für Thüringen hinter den USA sind Polen und Frankreich. Thüringen ist mit einer Ex- portquote von rund 25 Prozent sowohl auf international offene Partnermärkte als auch einen gut funktionierenden EU Binnenmarkt angewiesen. Die großen Themen wie die Handelspolitik, Sicherheit, gemeinsame Standards oder die Energieversorgung können nur im Zusammenschluss mit unseren europäischen Partnern gelöst werden. Die große Bedeutung der EU für Thüringen kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die EU (Kommission, Parlament und Rat) immer häufiger Ursprung von Regulierungen ist, die sich im unternehmerischen Alltag als völlig praxisfern bzw. untauglich erweisen.
Keine praxisferne Regulierung
DIE FAMILIENUNTERNEHMER teilen viele übergeordnete Ziele wie den Schutz der Umwelt oder die Stärkung der Menschenrechte und haben diese Themen durch ihre Verantwortung und innovativen Produkte und Dienstleistungen nach vorne gebracht, lange bevor sich Europa gekümmert hat. Die mitunter existenzbedrohende Ausgestaltung vieler neuer Regulierungsansätze ist deshalb nicht mehr hinnehmbar. Die drohende europäische Lieferkettenrichtlinie, die Medizinprodukteverordnung, CSR Berichtspflichten oder die Verteuerung der Finanzierung durch die EU-Taxono- mie sind nur einige Beispiele dafür, dass zu häufig Unternehmen nicht als Partner auf dem Weg zum gemeinsamen Ziel angesehen werden. Ausnahmen für kleine und mittelständische Betriebe helfen hierbei nahezu gar nicht, da in Geschäftskundenbeziehungen viele Auflagen unabhängig der Unternehmensgröße zur Bedingung gemacht bzw. an kleinere Betriebe weitergegeben werden.
Fachkräfte aus dem Ausland
Die Unternehmen in Thüringen kämpfen bereits heute mit einem großen Fach- und Arbeitskräftemangel. Aufgrund der Demografie wird der Druck in den kommenden Jahren massiv steigen und zu einer zentralen Standortfrage in ganz Deutschland und darüber hinaus werden. Alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zur Aktivierung des heimischen Arbeitskräftepotenzials reichen nicht aus, um diesen ökonomischen Flaschenhals zu beseitigen. Nicht nur aus Not- wendigkeit, sondern zur innovativen Bereicherung von Entwicklungs- und Produktionsteams braucht die Thüringer Wirtschaft händeringend Mitarbeiter aus dem europäischen Ausland und aus Drittstaaten. Die bisher auf nationaler und europäischer Ebene für Arbeitgeber und ausländische Arbeitsuchende viel zu komplizierten Systeme einer gezielten Fachkräfteeinwanderung haben maßgeblich zur vorliegenden Misere beigetragen. Ein indischer Programmierer und ein thüringisches Softwareunternehmen kommen im Zweifel aufgrund der Komplexität der Bestimmungen nicht zusammen.
Unsere Forderungen
- Europa muss mit einem besser anwendbaren Blue Card-System vorangehen. In Ergänzung des um Jahre zu späten und bisher unzureichend umgesetzten Fachkräfteeinwanderungsgesetz muss ein internationaler Arbeitsmarkt entstehen, bei dem Angebot und Nachfrage einfach und schnell zusammenfinden.
Wachstumsimpulse durch offene Märkte und Freihandel
Die europäische Handelspolitik hat in den letzten Jahren viel zu wenige Wachstumsimpulse durch den erfolgreichen Abschluss von Handelsabkommen setzen können. Die Öffnung internationaler Märkte durch die gegenseitige Anerkennung von Standards und den Abbau von Zöllen ist besonders für Mittelständler von großer Bedeutung, weil da- durch Bürokratie für Zulassungs- und Genehmigungsverfahren wegfällt. Anders als in großen Konzernen existieren in mittelständischen Betrieben für diese unproduktive Mehrarbeit meist keine eigenen Abteilungen. Ein einfacher Marktzugang zu internationalen Wachstumsmärkten setzt in den Unternehmen Kapazitäten frei, die dringend gebraucht werden. Völlig zu Recht liegt die Kompetenz für die Handelspolitik eines der weltweit größten und bedeutendsten Wirtschaftsräume in Brüssel. Dramatischerweise ist es in letzten vier Jahren vor allem durch die Überfrachtung von möglichen Handelsvereinbarungen immer seltener zu Abschlüssen von Handelsabkommen gekommen. Ein Vortrieb der Kleinstaaterei oder eine Abkopplung des europäischen und deutschen Marktes von seinen weltweiten freiheitlichen Partnern wäre fatal und wird von uns aktiv bekämpft.
Unsere Forderungen
- Die EU muss dringend ihre Schlagkraft in der Handelspolitik erhöhen und durch zählbare Erfolge Märkte öffnen und damit kostenlose Wachstumsimpulse in Europa und Thüringen auslösen. Freihandelsabkommen mit den USA, MERCOSUR oder die vollständige Anwendung des kanadischen Abkommens CETA müssten längst Wirklichkeit sein.
- Die nächste EU Kommission sollte ihren Ressortzuschnitt radikal reduzieren und fünf Handelskommissare schaffen, von denen jeder für einen der großen globalen Wirtschafträume verantwortlich ist.
Thüringen hat aktuell viele Baustellen bei der Standortattraktivität und wachstumshemmende Rahmenbedingungen. Das manifestiert sich im zweitniedrigsten pro Kopf-Wachstum unter den deutschen Bundesländern. Dabei stehen die Familienunternehmer zu Thüringen und arbeiten jeden Tag daran, dass ihr Unternehmen vorOrt wächst und fortgeführt werden kann. Es braucht daher marktwirtschaftliche Reformen. Angefangen von der Bildung, die deutlich zu wenig praxisnah und berufsvorbereitend ist, bis zur Verwaltung, deren Entbürokratisierung, Flexibilisierung und nicht zuletzt Digitalisierung eine hohe Priorität für die neue Landesregierung haben muss. Insgesamt braucht es eine Politik, die die Wirtschaft und Bürger nicht in erster Linie durch immer neue und kostspielige Förderprogramme unterstützt. Zu häufig war der kleinste gemeinsame Nenner der rot-rot-grünen Minderheitsregierungdie Bereitschaft, das Geld der Steuerzahler auszugeben. Das Land Thüringen gibt zu viel Geld aus, setzt diese Mittel nicht effizient ein und ist darüber träge geworden. Das Ziel der neuen Landesregierung und der Verwaltung für die 2,1 Millionen Thüringer muss lauten: Schlanke Strukturen verursachen geringe Kosten und entfesseln Unternehmergeist, Produktivität und Wachstum. Die Europawahl ist hierbei eine wichtige Wegmarke. Zwar hat die häufig völlig praxisferne, sehr kostenintensive und oftmals noch nicht einmal zielführende Bürokratie aus Brüssel den Unmut gegenüber der EU gesteigert, dennoch ist für DIE FAMILIENUNTERNEHMER völlig klar, dass die Stärkung des Binnenmarktes, diehandelspolitische Öffnung zu internationalen Partnern und ein für Waren und Fachkräfte grundsätzlich offenes Europa die Voraussetzung für ein florierendes Thüringen sind. Damit Thüringen Spitzenstandort werden kann, muss die nächste Landesregierung nach dem Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft auf die Eigenverantwortung des Einzelnen und der Unternehmen setzen. Dafür braucht es den Mut, weniger zu regulieren und weniger zu subventionieren.