„Ich bin keine Wettkampfsau“

„Ich bin keine Wettkampfsau“

Désirée Sauren, 48 Jahre alt, lebt im nordrhein-westfälischem Düren, hat einen normalen Nine-to-five-Job und führt auch sonst ein scheinbar unaufgeregtes Leben. Außer wenn sie laufen geht, da wird es extrem. Halbmarathons und Marathons sind ihr zu kurz, sie läuft lieber 100, 200, 230 Kilometer und geht damit an die Grenzen des Möglichen.

Frau Sauren, Sie sind Ultramarathonläuferin – wie sind Sie dazugekommen?
Ich bin da irgendwie hineingestolpert, bin erst Halbmarathon, dann Marathon gelaufen. Aber es ging mir von Anfang an nicht um meine Zeit. Ich bin immer langsam und in meinem Tempo die Strecke gelaufen. Das führte mich dann automatisch zum Ultramarathon, denn da kommt es nicht auf die Schnelligkeit, sondern nur auf die Streckenlänge an. Mein erster Ultramarathon war dann ein 6-Stunden-Lauf in Troisdorf mit 55,4 Kilometern. 


Sie haben 2022 als schnellste Frau die TorTour de Ruhr gewonnen und unglaubliche 230 Kilometer zurückgelegt. Herzlichen Glückwunsch! Wie war es?
Vielen Dank! Die Länge des Laufes war nicht unbedingt das Problem, aber es war so unglaublich schwül an diesem Tag. Das ist mir dann schnell auf das System geschlagen und ich wollte relativ früh nichts mehr essen und trinken. Deswegen war ich dann am Ende auch ein ganzes Stück langsamer als in den Jahren zuvor. 2018 bin ich als dritte ins Ziel gekommen mit einer Zeit von 29 Stunden und 30 Minuten – letztes Jahr habe ich für die gleiche Strecke 33 Stunden gebraucht und gewonnen. Aber mein Team hat mir jeden Wunsch erfüllt und hat mich da durchgebracht. Dafür ist die TorTour de Ruhr so einzigartig, es ist eine Teamleistung.


Wie bereiten Sie sich auf einen solchen Lauf mental und physisch vor?
Ich bin niemand, der einen professionellen Trainingsplan hat. Ich laufe einfach viel in meiner Freizeit, sodass ich es im Gefühl habe, ob und wann ich bereit bin für einen so langen Lauf. Das sollte man aber nicht unbedingt als Anfänger so machen – da hatte ich auch einen Trainingsplan.
Auch meine mentale Vorbereitung besteht eher aus „locker angehen lassen“. Es bringt nichts, sich strikte Ziele oder Zeiten zu setzen. Es wäre ja ärgerlich, wenn man den Lauf früher abbrechen muss, weil man Krämpfe hat oder sich übergeben muss. Deswegen immer schön langsam angehen lassen und sich nicht stressen. Den Lauf einfach als Tagesausflug oder kleines Abenteuer betrachten, es soll ja Spaß machen.


Das war nicht das erste Mal, dass Sie an der TorTour de Ruhr teilgenommen haben, sondern das vierte Mal. Gehen Sie da überhaupt noch an Ihre Grenzen? 
Die TorTour de Ruhr ist immer noch ein Lauf, der mich begeistert und auch anstrengt. Aber eigentlich nehme ich nicht teil, um an meine Grenzen zu gehen, sondern wegen der Laufcommunity. Man kennt sich untereinander oder man lernt sich kennen – sehr gut sogar. Denn bei solchen Anstrengungen gibt es keine Fassaden, es ist ein sehr ehrlicher und direkter Austausch. Als erster im Ziel anzukommen, tritt dann sogar in den Hintergrund. Ich bin keine Wettkampfsau.


Was empfinden Sie als Ihre größte Schwäche beim Laufen? Was legt Ihnen Steine in den Weg?
(lacht) Ganz klar mein Orientierungssinn! Da bin ich hoffnungslos verloren ohne mein Team. Es begleitet mich bei der TorTour de Ruhr immer jemand, der mich mit Essen und Trinken oder auch mal mit lustigen Aktionen versorgt und mir auch manchmal zeigt, wo ich langlaufen muss.


Gibt es etwas, das Sie vom Laufen auf den Rest Ihres Lebens übertragen?
Ich glaube, man lernt aus jeder Herausforderung. Das Laufen hat mir auf jeden Fall den Mut und die Kraft gegeben, neue Sachen einfach auszuprobieren – aber auch das Selbstbewusstsein, zu wissen, dass ich schaffen kann, was ich mir vorgenommen habe. 


Womit beschäftigen Sie sich, wenn Sie gerade mal keine Laufschuhe tragen?
Fahrrad fahren, wandern gehen, Freunde treffen. Solche Sachen. Ich bin ein aktiver Mensch, der sein Leben auch so lebt, aber auch ein gutes Buch auf der Couch zu lesen, gefällt mir.


Gibt es etwas, das Sie niemals tun würden?
(lacht) Das ist eigentlich witzig – ich habe nämlich früher geglaubt, dass ich niemals einen Marathon laufen werde. Das hat sich nicht bestätigt.
Prinzipiell probiere ich eigentlich immer gern neue Dinge aus. So würde ich in Zukunft gern an einem 48-Stunden-Lauf teilnehmen.


Was können Sie Läufern empfehlen, die sich auch einmal an so langen Strecken versuchen wollen? 
Mein Rat ist: auf jeden Fall versuchen! Am besten auch mit jemandem zusammen, der ein bisschen mehr Erfahrung hat. Und das Wichtigste: es unbedingt langsam und ruhig angehen lassen. Nicht direkt auf Zeit laufen. Dann geht das von allein. 

Zur Person

Désirée Sauren

Sie fing erst mit 36 Jahren an zu laufen und bezwang schon ein Jahr später ihren ersten 100-Kilometer-Lauf im schweizerischen Biel. 2022 war sie dann die schnellste Frau bei der TorTour de Ruhr und lief die 230 Kilometer in 33 Stunden, 24 Minuten und 36 Sekunden.

 


 
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