Der Macher
Der Macher
Gespür für Grün
Der Weg ins Chefbüro führt vorbei an kleinen Tischchen mit Zeitschriften über Yoga. Als Michael Wendt auf dem Flur an einem der Zimmer vorbeigeht, stürmen drei schwarz-weißgefleckte Hunde heraus, begrüßen ihn freudig. Und als er die Tür zu seinem eigenen Reich öffnet, zeigt sich: In diesem Unternehmen grünt es. Dabei steht Wendt nicht etwa an der Spitze einer esoterisch angehauchten Bio-Kette. Auch sind es weniger die Pflanzen, die Farbe in sein Büro bringen. Es ist ein großes Motorrad, das mitten im Raum steht. Und die Plakate zum Film „Matrix reloaded“, welche die Wände zieren. „Die grüne Ducati ist eine Sonderedition des Herstellers von 200 Maschinen, die in ‚Matrix reloaded’ zu sehen war“, sagt Michael Wendt stolz. Als der leidenschaftliche Ducati-Fahrer eine davon ergattert hatte, fand er, sie müsse unbedingt in sein Büro. Dazu die grünen Filmplakate. „Die meisten Leute, die so ein Motorrad bekommen haben, haben es rot umlackieren lassen“, erklärt Wendt. „Aber zu uns passt das Grün“, sagt der Firmenchef. „Es ist ‚Wendt-Grün’“. Die Farbe, die er vor fast 25 Jahren für das Logo seines Unternehmens wählte. Michael Wendt ist Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Wendt Maschinenbau GmbH & Co. KG mit Sitz im niedersächsischen Georgsmarienhütte. Die Firmengruppe beschäftigt rund 120 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz zwischen zwölf und 15 Millionen Euro p.a. „Wir bauen Maschinen und Anlagen nach den Bedürfnissen unserer Kunden“, erklärt Wendt. Mit der Herstellung von Standard-Maschinen hat das wenig zu tun. „Wir übernehmen eine technische Dienstleistung und verstehen uns als Systemlieferant“, sagt der Geschäftsführer. Dabei fertigt die Wendt Maschinenbau GmbH & Co. KG die Spezialmaschinen. Das zweite Unternehmen der Gruppe, die MV Automatic GmbH & Co. KG, ist für die Entwicklung und Konstruktion verantwortlich. Allerdings ist der Bau von Sondermaschinen für eigene Kunden nicht Wendts einziges Standbein.Vier Standbeine für die Firma
„Wir produzieren auch für Unternehmen, die entwickeln, aber keine eigene Fertigung haben“, erläutert der 46-Jährige. Zudem stellt er seine Maschinenkapazitäten dritten Firmen zur Verfügung, die sie zur Produktion ihrer Produkte nutzen können. Das sichert eine Vollauslastung. Das vierte Standbein ist der Bau von Vorrichtungen und Betriebsmitteln für unterschiedliche Einsatzbereiche. „Unter der Marke Pathisto produzieren wir etwa Laborgeräte für die Pathologie und Histologie“, ergänzt Wendt. Maschinenbau, Produktion von Vorrichtungen und Laborgeräten – an die Farbe Grün lassen die Standbeine des Unternehmens in Georgsmarienhütte wohl niemanden denken. Michael Wendt schmunzelt. „Das stimmt“, gibt er zu, während ein fast liebevoller Blick das Logo streift, das an der Brusttasche seines blütenweißen Hemdes prangt. „Tatsächlich wählen Maschinenbauer sehr häufig Blau für ihr Corporate Design, wir stechen auf jeder Messe farblich hervor“, sagt Wendt. „Das Grün stammt noch aus unseren Anfängen.“ Aus einer harten Zeit. Es ist das Jahr 1991, Michael Wendt hat gerade die Fachhochschulreife erlangt. In das Stahlbau-Unternehmen seines Vaters möchte er nicht einsteigen, stattdessen lieber Umwelttechnik studieren. Während er auf einen Studienplatz wartet, jobbt er bei einem kleinen Maschinenbauer in Georgsmarienhütte. Die Geschäfte gehen schlecht, der Inhaber muss Insolvenz anmelden. Als wenig später der Insolvenzverwalter die Mitarbeiter fragt, ob einer von ihnen Interesse daran hätte, den Betrieb fortzuführen, schnellt eine Hand in die Höhe. Der Unternehmer- Sohn Michael Wendt meldet sich, noch bevor er richtig weiß, was er da tut.„Warum ich das damals gemacht habe, kann ich mir bis heute nicht ganz erklären“
Ohne Angst, Geld und Erfahrung
„Warum ich das damals gemacht habe, kann ich mir bis heute nicht ganz erklären“, erinnert sich Wendt. Wahrscheinlich, so sagt er, habe er sich auf das „Abenteuer Unternehmen“ nur eingelassen, weil ihm drei Dinge fehlten: Angst, Geld und Erfahrung. „Ich hatte ja praktisch nichts zu verlieren, zumindest nicht in der ersten Zeit“, sagt er. Kaum hat er die Firma neu gegründet, bekommt er einen Studienplatz für Umwelttechnik an der Fachhochschule Bremen/ Bremerhaven. Der frischgebackene Unternehmer pendelt oft zweimal am Tag zwischen Firma und FH hin und her. In nur einem Jahr fährt er rund 200.000 Kilometer. Sitzt Wendt im Hörsaal, denkt er ans Geschäft, im Betrieb geht ihm der Unterrichtsstoff nicht aus dem Kopf. Ein Jahr nach der Firmengründung bekommt er Unterstützung. Seine Schwester Valeska steigt ins Unternehmen ein. Heute hält sie 50 Prozent der Anteile. Wendt sattelt nach dem Vordiplom auf Systemanalyse/ Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt BWL um. 1997 schließt er das Studium erfolgreich ab. „Eigentlich wollte ich danach in die USA oder nach Kanada“, sagt Wendt. Doch dieser Traum erfüllt sich nicht. Immerhin beschäftigt er bereits 40 Mitarbeiter. 1997 hebt Wendt die Konstruktionsabteilung aus der Taufe und realisiert damit seine Vision von einem Unternehmen, das Systemlieferant ist. „Das hat uns einen enormen Wachstumsschub gebracht“, erinnert sich der Firmenchef. In den folgenden Jahren wächst Wendt Maschinenbau kontinuierlich weiter, gewinnt zahlreiche Innovationspreise, gründet einen zweiten Standort. „Für die Farbe Grün habe ich mich übrigens entschieden, weil es meine zweite Vision war, Spezialmaschinen für die Umwelttechnik zu bauen“, erzählt Wendt. Tatsächlich produzierte Wendt Maschinenbau eine Weile erfolgreich Biofilteranlagen. „Aber die kauften die Kunden nur, wenn sie durch behördliche Auflagen dazu gezwungen waren“, schmunzelt Wendt. „Das hat einfach keinen Spaß gemacht.“Motorradrennen und Tierschutz
Ist der zurückhaltende Norddeutsche, der sein Unternehmen mit eisernem Willen aufgebaut hat, der Ansicht, Menschen könnten nur erfolgreich sein, wenn sie Spaß an einer Sache haben? „Ich glaube, man ist besser, wenn man etwas macht, woran man Freude hat“, sagt er. Aber um Erfolg zu haben, müsse man täglich auch Dinge erledigen, die keinen Spaß machen. Und Opfer bringen. Wendt selbst hat seit 15 Jahren keinen Urlaub mehr gemacht. „Das finde ich aber nicht schlimm“, sagt er. Denn an Freizeitaktivitäten mangelt es ihm nicht. Zusammen mit seiner Frau ist er lange intensiv Motorrad gefahren, auf allen großen Rennstrecken der Welt waren sie unterwegs. Sehr aktiv sind die Wendts auch im Tierschutz. Die Farbe Grün scheint nicht nur zu seinem Unternehmen, sondern auch zu Wendt selbst zu gehören. „Wir haben zum Beispiel Pferdetransporte gestoppt und die Tiere rausgeholt“, berichtet der Unternehmer. Schafen, Hunden und Eseln hat er das Leben gerettet. Drei Pferde und vier Shetland-Ponys sowie einige Hunde hat er zu Hause. Viele Tiere haben ein neues, schönes Heim gefunden. Auch die schwarz-weißen Hunde stammen aus einer Rettungsaktion. Heute gehören sie seiner Schwester. Mitarbeiter nehmen ebenfalls immer wieder mal Tiere zu sich. Seine Mitarbeiter schätzt Wendt sehr. Nach Feierabend wird oft der Grill aufgestellt. Einmal im Jahr nehmen sie alle zusammen am großen Lauf des Zoos Osnabrück teil. Auch die Arbeit im Verband DIE FAMILIENUNTERNEHMER schätzt Wendt hoch. Seit über 20 Jahren ist er Mitglied, seit mehr als 17 Jahren im Vorstand des Regionalkreises Münsterland/ Osnabrück und aktueller Vorsitzender. „Als ich jung und unerfahren war, habe ich dort Unternehmer getroffen, die mich unterstützt haben“, erinnert er sich. „Über die Jahre sind Freundschaften entstanden, gute Beziehungen.“ Heute möchte er selbst seine Erfahrungen weitergeben. Auch an seinen Sohn? „Justin ist 16, er kennt das Unternehmen gut, arbeitet oft in seiner Freizeit mit“, erzählt Wendt. Der Filius habe schon die Tendenz, eines Tages die Firma zu übernehmen. „Aber ich dränge ihn nicht dazu“, sagt der Unternehmer. Auf dem Weg in die Produktion fällt sein Blick auf die Yoga-Hefte auf einem Tischchen im Flur. „Fachliteratur“, sagt er nordisch-trocken. Fachliteratur? „Ich bezahle meinen Mitarbeitern auch Yoga-Kurse und übernehme die Kosten fürs Fitnessstudio“, sagt Wendt. Und in diesem Moment macht sich das Gefühl breit, dass das klare, freundliche „Wendt-Grün“ richtig gut zu ihm passt.Kurz-Biografie
Michael Wendt
wurde 1969 in Georgsmarienhütte (Niedersachsen) geboren. Er studierte Umwelttechnik und Wirtschaftsinformatik an der FH Bremen/Bremerhaven. Parallel zu seinem Studium gründete er 1991 die Wendt Maschinenbau GmbH & Co.KG, die er aufbaute und an deren Spitze er bis heute steht. Wendt ist seit 1994 Mitglied im Verband DIE FAMILIENUNTERNEHMER und seit über 17 Jahren im Vorstand sowie aktuell Vorsitzender des Regionalkreises Münsterland/Osnabrück. Wendt ist aktiver Tierschützer. Er ist verheiratet und hat einen Sohn.
Unternehmen
Wendt Maschinenbau GmbH & Co. KG
Geschäftsführende Gesellschafter: Michael Wendt, Valeska Hurtzig
Sitz: Georgsmarienhütte (Niedersachsen)
Gegründet: 1991
Branche: Maschinenbau
Mitarbeiter: rund 120
Umsatz 2014: ca. 15 Mio. Euro
Auszeichnungen: Preis des Bundesverbandes der Industrie (BDI) im Bereich umweltfreundliche Technologien (2006), Niedersächsischer Innovationspreis (2010), Finalist im Wettbewerb um den Oscar des Mittelstandes (2007)