Vom Eigenheim zum eigenen Heim

Vom Eigenheim zum eigenen Heim

So manche Eigentumswohnung wirkt, als seien die Besitzer auf der Durchreise. Einen Weg zu individueller Wohnlichkeit sieht Anna von Mangoldt in Wandfarben – und hat daraus ein Geschäft gemacht. Im westfälischen Warburg designt und produziert die Anna von Mangoldt GmbH & Co. KG allerlei Malerisches.

Was macht eine Behausung zu den sprichwörtlichen eigenen vier Wänden? Wenn Anna von Mangoldt laut über diese Frage nachdenkt, dürfte sich der eine oder die andere ertappt fühlen. "Nach der biologischen Haut und der Kleidung sind die Wände unseres Zuhauses so etwas wie eine dritte Haut«" beginnt die 37-Jährige. "Trotzdem kümmern sich viele Menschen zu spät um ihre Gestaltung." Familien, die ein Haus bauen, oder Paare, die eine Wohnung beziehen, stünden in der Regel unter Zeitdruck. Deshalb blieben die Wände oft so, wie Architekt oder Hausverwaltung es vorgegeben hätten. "Anschließend versuchen die Bewohner, mit Bildern und Möbeln eine individuelle Atmosphäre zu schaffen", so Anna von Mangoldt. "Mit einem 08/15-Weiß als Hintergrund ist das ein kühnes Unterfangen." Fazit: Wer eigene vier Wände wünscht, sucht Farbe aus – passend zur Persönlichkeit und zum geliebten Designersofa.

Nach der biologischen Haut und der Kleidung sind die Wände unseres Zuhauses so etwas wie eine dritte Haut.

 

Anna von Mangoldt selbst stellt in ihrer Manufaktur rund 180 Töne zur Wahl. Sie tragen spielerische Namen wie Knippies Grün, Mamma Mia oder Li Lalú. Wer es  zurückhaltend mag, greift beispielsweise zu Architect’s Delight. Dieses helle Grau hat Anna von Mangoldt gemischt, nachdem sie dem einen oder anderen Architekten begegnet war. "Zu diesem Beruf scheint die Sorge zu gehören, Farbe könnte architektonische Ideen zerstören", sagt die junge Unternehmerin. "Meistens legen sich die Vorbehalte, wenn ich Töne passend zu Material, Struktur und Raum empfehle." Einige Architekten hätten nach dem ersten Zusammentreffen von sich aus weitere Projekte vorgeschlagen.

Auf einem wuchtigen Tisch im Atelier bestreicht eine Mitarbeiterin Spezialpapier mit Farben des Hauses. Aus den Bögen entstehen die Kartensets, mit deren Hilfe sich die Kunden Gedanken über ihre Wände machen können. Die Töne wirken satt, warm und natürlich. Auch Adjektive wie reif, vornehm und tief kommen in den Sinn. Ein Grund dafür liegt in den Rezepturen. Anna von Mangold kombiniert bis zu fünf unterschiedliche Pigmente statt es – wie viele andere Hersteller – bei zwei Pigmenten zu belassen. Einen weiteren Grund führt Christina von Mangoldt an, die sich dem Rundgang angeschlossen hat. "Meine Tochter verfügt über einen Farbsinn, der sich mit dem absoluten Gehör mancher Musiker vergleichen lässt", sagt die sportliche 64-Jährige. Schon als Kind habe Anna beharrlich um ein Atelier gebeten, bis die Eltern ihr einen Teil des Keller freiräumten. "Anna sieht irgendwo einen Farbton und kann ihn anschließend nachmischen."

Wir mögen uns einfach sehr gerne

 

Den Mut zur farbigen Wand lernte Anna von Mangoldt in Warwick kennen, wo sie Geschichte und Kunstgeschichte studierte. "Mir hat auf Anhieb gefallen, wie die Engländer ihre oftmals verwinkelten Wohnungen gestalten", erinnert sie sich. Noch die kleinste Ecke werde durch ein sattes Rostrot oder Dunkelblau zum Hingucker. Die junge Frau machte kurzerhand ein Praktikum bei Englands Farbenqueen Annie Sloan und kehrte mit dem Wunsch nach Hause zurück, mehr Deutsche vom Wagnis Farbe zu  überzeugen. Der Vertrieb englischer Produkte genügte Anna von Mangoldt allerdings bald nicht mehr. "Deutsche und Engländer haben unterschiedliche Geschmäcker", erläutert sie. "Wir mögen es in der Regel zurückhaltender." Außerdem spielten bei der Farbwahl die regionalen Licht- und Raumverhältnisse eine Rolle. Deshalb begann sie 2010, eigene Farben zu mischen. "Anna war Feuer und Flamme und fragte mich, ob ich ihr helfen wolle", erzählt Christina von Mangoldt. "Und so bin ich mit Anfang 50 zu meinem Traumjob gekommen ", so die Mutter von fünf Kindern. Christina von Mangoldt bietet online oder vor Ort Farbberatungen an. Zwar seien die Produkte der Manufaktur vergleichsweise hochpreisig. Doch die richtige Farbe an der Wand sei allemal günstiger als aus Ratlosigkeit die Teppiche oder die Sitzgarnitur zu ersetzen.

Der Weg zur eigenen GmbH führte über ein freundschaftliches Ultimatum. Bis 2019 hatte Anna von Mangoldt ihre Kreationen von einem Exklusivpartner produzieren lassen. Zwar freute sich der Geschäftspartner über den wachsenden Erfolg der Marke. Aber die notwendige Erweiterung der Produktion wollte er nicht allein schultern. Er stellte Anna von Mangoldt vor die Wahl: entweder mehr bezahlen oder die Warburger Manufaktur ausbauen. Heute produziert die Farbdesignerin auf 700 Quadratmetern selbst. Vor den Töpfen, die den Familiennamen tragen, wirken Anna und Christina von Mangoldt in ihrem Element. "Hätte ich mich gescheut, etwas Eigenes auszuprobieren, wäre ich wahrscheinlich eine unzufriedene Unternehmensberaterin oder eine rastlose Diplomatin geworden", gesteht Anna von Mangoldt. Stattdessen könne sie nun ihre Kreativität ausleben. Gefragt, welche ihrer Farben sie am liebsten mag, antwortet die Unternehmerin dann auch nicht mit einem diplomatischen "Ich habe alle gleich gern." Vielmehr nimmt Anna von Mangoldt ein Töpfchen aus dem Regal und tippt auf den Namen: "Annas Blau. Damit habe ich nach jedem Wohnungswechsel einen Raum gestrichen."

 

Zur Person

Anna Mangoldt

sagt: "Ohne meine beiden Mentoren wären wir heute nicht dort, wo wir stehen."

 

Das Unternehmen

ANNNA VON MANGOLDT GMBH & CO. KG

Branche: Farben und Lacke

Gründungsjahr: 2010

Mitarbeiter: Sieben

Umsatz: Gut eine Millionen Euro

 

 
Partner
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Die Stimme der Familienunternehmer