Familienunternehmer wollen noch weniger investieren als beim Corona-Lockdown
Ostermann/Röser: Unberechenbarkeit der Wirtschaftspolitik gefährdet den Standort Deutschland
Die Geschäftslage und Erwartungen der Familienunternehmer in Deutschland haben sich noch weiter drastisch verschlechtert. Sie sind aktuell fast auf das niedrigste Niveau der Corona-Zeit abgesunken, einer Phase, die damals allerdings von den historischen kompletten Corona-Schließungen geprägt war. Das zeigt die aktuelle Quartalsumfrage der Familienunternehmer und der Jungen Unternehmer.
Die besorgniserregende Lage zeigt sich vor allem in deutlich zurückgeschraubten Investitionsplänen: Immer mehr Unternehmer lassen Vorsicht walten und halten sich mit Investitionen in ihr Unternehmen zurück. Nur noch 24 Prozent wollen ihr Unternehmen durch Investitionen erweitern. Dies ist der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebung der Quartalszahlen (2010). Nicht einmal zur Hochzeit der Coronakrise (3. und 4. Quartal 2020) lag die Bereitschaft zu investieren (mit damals 27 Prozent) so niedrig wie jetzt.
Auch die Ersatzinvestitionen sind weiter rückläufig. Sie sinken auf den niedrigsten Wert seit der Pandemie. Gleichzeitig steigt enorm der Anteil der Unternehmer (von 34 auf 42 Prozent), die derzeit gar keine Investitionen mehr planen. Dies bedeutet aber auch: die Unternehmen zehren von der Substanz. Die derzeitige Auftragslage wirft ebenfalls dunkle Schatten voraus. So beurteilen die Unternehmen die Auftragslage mit der Note 3,2 und damit mit der zweitschlechtesten Note seit Beginn der Pandemie.
Als größtes Hemmnis für Investitionen nennen mehr als die Hälfte der Unternehmer (56 Prozent) den Aufwand für Bürokratie beziehungsweise Überregulierung. Immer mehr Unternehmer verunsichert die Unberechenbarkeit der Finanz- und Wirtschaftspolitik (Anstieg von 41 Prozent auf 45 Prozent.) Ebenfalls unter den Top 3 der Investitionshemmnisse sehen die Befragten den Fachkräftemangel, der unter den größten Sorgen nunmehr auf Platz 3 liegt.
Wenn auch der düstere Trend noch nicht auf dem Arbeitsmarkt angekommen ist, zeichnet sich die schlechte Lage bereits in den Beschäftigungsplänen der Unternehmen ab: Jeder fünfte Unternehmer will die Arbeitsplätze reduzieren. Dies ist der höchste Wert seit der Pandemie (1. Quartal 2020:21 Prozent).
Marie-Christine Ostermann, Präsidentin der Familienunternehmer:
„Die Stimmung unter den Familienunternehmern ist düster und ihre Geschäftserwartung geradezu mies. Die Unternehmer schrauben ihre Investitionen bereits deutlich zurück. Unsere Regierung täte gut daran, auf diese Warnzeichen endlich zu reagieren. Was jetzt gerade stattfindet, ist eine schleichende Substanz-Deindustriealisierung. Um die Wirtschaftskraft des Mittelstands in Deutschland zu erhalten und wieder voranzubringen, wird das Wachstumschancengesetz allein nicht genügen. Es muss dringend mehr geschehen. Statt ständig für die Subvention des Industriestrompreises zu werben, sollte sich auch Bundeswirtschaftsminister Habeck jetzt besser für solche Entlastungen für Unternehmen einsetzen, die den Standort auf breiter Basis verbessern. Anderenfalls droht in Deutschland unweigerlich eine Kernschmelze bei den nachhaltigen Arbeitsplätzen in Familienunternehmen.
Bislang fielen unseren Regierungen als Gegenmittel immer und immer wieder nur neue Subventionen ein. Diese Umfrage jedoch zeigt deutlich: Nach zwei Jahrzehnten Nachfragepolitik muss die Ampel jetzt dringend auf Angebotspolitik umschalten. Die zwei größten Investitionshindernisse für Unternehmer sind mit Geld, sprich Subventionen, gar nicht zu überwinden. Hier muss der Staat an die von ihm zu verantwortenden Bedingungen für Unternehmer ran.“
Sarna Röser, Bundesvorsitzende der Jungen Unternehmer:
„Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist für viele Unternehmer zu bürokratisch und die Wirtschaftspolitik zu unberechenbar geworden. Wir Unternehmer brauchen einen attraktiveren Wirtschaftsstandort. Um den deutschen Ruf als Wirtschaftsnation, Industrieland und Technologievorreiter zu retten, müssen die Rahmenbedingungen dringend für alle Unternehmen verbessert werden. Dafür sollte sich der Staat wieder auf seine Kernaufgaben konzentrieren und ein unternehmensfreundliches Umfeld schaffen, das auf offenen Märkten und Wettbewerb basiert. Weitere Staatseingriffe in den Markt wie zum Beispiel durch einen Industriestrompreis würden hingegen Milliarden verschlingen und dazu führen, dass der Wettbewerb mittelfristig verzerrt würde.“